Türchen Nr. 22 – Freude …

Bei dem heutigen Türchen geht es um die Freude. Wir alle wollen uns gerne freuen, gerade in der Weihnachtszeit. Und wir alle haben es verdient, uns freuen zu dürfen. Also, öffnen wir doch freudvoll das 22. Türchen… 

Freude

Immer wieder liest und hört man diese Frage:
Darf man sich denn jetzt noch freuen, nach dem schlimmen Ereignis in Berlin, obwohl so viele Menschen trauern, verletzt oder traumatisiert sind?

Natürlich muss das jeder für sich selbst entscheiden, wie er sich fühlt, und was er zulassen möchte. Ich aber finde sehr wohl, dass wir uns trotzdem freuen dürfen, wenn uns danach ist.
Wir freuen uns ja nicht über den Anschlag und das Leid, das die Menschen getroffen hat, ganz im Gegenteil. Der Gedanke daran macht uns traurig und auch wütend, wir fühlen mit. Dennoch hilft es den Menschen nicht, wenn ich mich jetzt über nichts mehr freuen kann. Es bringt die Toten nicht zurück, macht den Anschlag nicht ungeschehen, kann den Schmerz nicht lindern.

Gerade in dunklen Zeiten brauchen wir die Freude, die Liebe, das Licht, um uns in der Dunkelheit nicht zu verirren.

Es gibt für alles eine Zeit. Mal sind wir traurig, mal glücklich, mal wütend, mal begeistert. Und all diese Gefühle dürfen wir ausleben, wenn sie da sind.
Das tut man auch, wenn man selbst zu den Trauernden gehört. Ich weiß das. Es ist ganz wichtig, dass man auch mal lachen kann, sich freuen kann, um die Zeiten zu überstehen, in denen man am liebsten nur noch weinen möchte.

Es gibt so viel Leid. Mein Schwiegervater ist im November gestorben, der Vater von einem Bekannten ist im Dezember gestorben, der kleine Hund von meinem Bruder ist im Dezember gestorben.
Ich habe Zeiten, in denen ich traurig bin, Zeiten in denen ich trauere, Zeiten, in denen ich mit den Menschen weine, die traurig sind, Zeiten, in denen mir voller Mitgefühl das Herz schwer ist.
Aber es gibt auch Zeiten, in denen ich glücklich bin, Zeiten, in denen ich voller Liebe bin und Zeiten, in denen ich mich einfach nur freue. Ich finde, das sollten wir uns auch ohne schlechtes Gewissen erlauben.

Daher wünsche ich euch, dass ihr die Freude zulassen könnt, für euch selbst, für alle die euch lieben (die sehen euch nämlich nicht gerne traurig) und, um den Menschen, die dringend Freude brauchen, etwas davon abgeben zu können,

Martina Hildebrand